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Sie fragen, wir antworten

Die Zentralbanken ziehen den restriktiven Kurs ihrer Geldpolitik intensiv an, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Das weltweite Wirtschaftswachstum verlangsamt sich drastisch und die Entwicklung der wichtigsten Wirtschaftsblöcke ist ungleichmäßig. Vor dem Hintergrund haben die Experten von ETHENEA Ihre Fragen beantwortet. Erwarten Sie mit Blick auf die Aktienmärkte ein Value-Jahrzehnt und spiegelt sich dies im Ethna-DYNAMISCH wider? Welche Anlageklasse oder Strategie leistete den größten Beitrag zur Performance des Ethna-AKTIV im letzten Jahr und welche hat die Performance am stärksten belastet? Wie sind die Portfolio Manager mit der Kurserholung von Aktien im Sommer umgegangen und wie stellen sie sicher, dass der Fonds an einer möglichen langfristigen Trendwende mit steigenden Aktienkursen partizipiert? Gibt es Indikatoren, die einen Unterschied zwischen einer Bärenmarktrallye und einer Trendumkehr anzeigen können? Mit Blick auf die Anleihenmärkte, wie sieht die mittelfristige Durationsmanagement-Strategie des Ethna-DEFENSIV & Ethna-AKTIV aus?

Mit Blick auf das große Ganze gibt Dr. Andrea Siviero seine Einschätzung zu einer globalen Rezession und wie sich besonders Deutschland vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise entwickeln könnte. Außerdem geht er auf die Frage ein, wie er angesichts der jüngsten EUR/USD-Parität zum Wechselkurs der beiden Währungen steht und ob er mit einer weiteren Abwertung des EUR rechnet. Diesen Fragen gehen unsere Portfolio Manager in der dritten Ausgabe von Ganz Konkret für dieses Jahr nach.

Erwarten Sie in Anbetracht der steigenden Zinsen und der jüngsten aggressiven Kommentare der US-Notenbank, dass das nächste Jahrzehnt ein "Value"-Jahrzehnt sein wird, im Gegensatz zu dem "Growth"-Jahrzehnt, das wir bis letztes Jahr an den Aktienmärkten erlebt haben? Spiegelt sich das in Ihrem Ethna-DYNAMISCH-Portfolio wider?

Die binäre Unterteilung des Aktienuniversums in „Value“- und „Growth“-Titel ist populär. Im Großen und Ganzen grenzt sie langsam(er) wachsende von schnell(er) wachsenden Unternehmen ab. Die Unterschiede dieser Wachstumsdynamiken spiegeln sich in den Bewertungsniveaus wider.

Vom Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre – also auch von einem niedrigeren Diskontierungsfaktor für künftige Erträge – haben insbesondere „Growth“-Aktien profitiert. Covid-19 hat der Dominanz dieser Titel, hinter denen pandemieresilientere Geschäftsmodelle stehen, in den Jahren 2020 und 2021 zusätzlichen Schub verliehen.

Zuletzt hat sich diese Outperformance von „Growth“ gegenüber „Value“ allerdings wieder relativiert und trägt dem steigenden Zinsumfeld sowie den sich verlangsamenden post-pandemischen Wachstumsraten Rechnung. Da diese Entwicklungen bereits größtenteils reflektiert sind, gehen wir nicht von einem „Value“-Jahrzehnt aus. Der Fokus des Ethna-DYNAMISCH liegt allerdings auch nicht pauschal auf „Growth“-Titeln.

Bei unseren Investitionsentscheidungen vermeiden wir die extremen Ränder. Das heißt, wir investieren weder in günstige Unternehmen, denen strukturelles Wachstum abgeht, noch sind wir auf disruptive Unternehmen aus, deren Bewertungen sich aus übertriebenen Zukunftserwartungen speisen. Stattdessen setzen wir auf Ausgewogenheit, d.h. auf Unternehmen, die zwar strukturell wachsen, aber mit adäquaten Bewertungen einen günstigen Einstieg ermöglichen. Dabei denken wir nicht in den binären Kategorien „Growth“ oder „Value“, da dies der Komplexität des Kapitalmarktes nicht gerecht wird.

Welche Anlageklasse oder Strategie leistete den größten Beitrag zur Performance des Ethna-AKTIV im letzten Jahr und welche Anlageklasse hat die Performance am stärksten belastet? Wie sind Sie mit der Kurserholung von Aktien im Sommer umgegangen?

Offensichtlich ist die Möglichkeit – neben der inhärenten Diversifikation und konstruktionsabhängigen Portfoliostabilität eines aktiven Multi-Asset-Ansatzes – über Allokationsentscheidungen auf das Makro-Umfeld zu reagieren, ein weiterer Vorteil. Dementsprechend sollte es nicht verwundern, dass über die Jahre die Rangfolge der wichtigsten Performancetreiber variiert. Beim Ethna-AKTIV ist es nicht anders. Waren es 2020 die Anleihen und 2021 die Aktien, ist es in diesem Jahr die Währungsallokation, die den größten Beitrag zur Performance liefert. In einem grundsätzlich sehr herausfordernden Jahr, in dem es sprichwörtlich keine Assetklasse zum Verstecken gibt, trugen unsere offenen Währungsquoten bislang fast 3 % zur Performance bei. Der überwiegende Anteil davon ist dem US-Dollar zuzurechnen, der sich sogar noch besser entwickelte als von uns antizipiert. Auf der Verlustseite ist in diesem Jahr die Aktienallokation mit etwas mehr als -4 % Kontribution zu benennen. Jedoch muss auch hier relativiert werden. Ohne den positiven Beitrag unseres Future-Overlays wäre der Beitrag sogar fast um weitere 3 % geringer. Auf der Anleihenseite zeichnet sich ein sehr ausgeglichenes und für dieses Umfeld auch sehr positives Bild. Die Verluste durch Spreadausweitungen wurden durch das Durationsoverlay fast egalisiert. In einem Jahr, in dem die verschiedenen Anleihenindizes fast durchweg zweistellige Verluste aufweisen, ist dies durchaus auch als ein gutes Ergebnis zu bezeichnen.

Wie stellen Sie sicher, dass der Ethna-AKTIV an einer möglichen langfristigen Trendwende mit steigenden Aktienkursen partizipiert? Welche Indikatoren können einen Unterschied zwischen einer Bärenmarktrallye und einer Trendumkehr anzeigen?

Grundsätzlich stellt sich die Frage nach Trendwenden natürlich nur, wenn man wie wir einen Mehrwert über die Allokationsentscheidung liefern möchte. Das rechtzeitige Anpassen der Asset Allokation an längerfristige Trends stellt die Basis für den Erfolg des Konzepts dar. Klar sollte sein, dass ein Trendwechsel in der Regel eher durch einen Prozess als durch einen speziellen Zeitpunkt charakterisiert ist. Die Krux liegt darin, dass eine Trendwende zum Positiven zu Beginn sehr schwer bis gar nicht von einer kurzfristigen Bärenmarktrallye zu unterscheiden ist. Fakt ist, sowohl die Höchst- als auch die Tiefstpunkte können immer erst im Nachhinein ausgemacht werden. Deshalb ist es wichtig, auf ein Gerüst an Entscheidungshilfen zurückgreifen, die einen Prozess des Trendwechsels identifizieren können. Fundamentaldaten und auch Frühindikatoren sind hier nur von begrenzter Hilfe, insbesondere, wenn es sich hierbei nicht um Extreme in der historischen Verteilung handelt. Das heißt, erst wenn beispielsweise Einkaufsmanagerindizes, Kurs-Gewinn-Verhältnisse oder Aktien-Risiko-Prämien in historischen Extrembereichen notieren, gewinnen sie an Signifikanz bei der Beurteilung möglicher Marktwendepunkte. In der Regel hat der Markt seinen Tiefstpunkt dann aber bereits durchschritten. Zeitlich enger verknüpft mit möglichen Wendepunkten sind dafür aber verschiedene Sentimentindikatoren, die an Extrempunkten einen guten Kontraindikator abgeben. Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass es häufiger Sentimentextreme gibt, als entscheidende Trendwenden. Nicht zuletzt helfen aber auch rein technische Indikatoren, wie zum Beispiel Marktbreite, Anzahl neuer Höchststände bzw. das Nichtunterschreiten vergangener Kurstiefststände bei der Beurteilung der Situation. Nachdem gerade die letzten Punkte rein quantitativer Natur sind, eignen sie sich hervorragend, die eigene Makromeinung- und dementsprechende Positionierung zu disziplinieren.

Wie sieht die mittelfristige Durationsmanagement-Strategie des Ethna-DEFENSIV & Ethna-AKTIV aus? Beabsichtigen Sie, etwas an der aktuellen Strategie zu ändern?

Wir waren bereits das ganze Jahr gegenüber dem Risiko steigender Renditen vorsichtig. Die Anleihen in den Portfolios hatten und haben eine kurze Restlaufzeit und zusätzliche Hedges haben die Duration nahe Null oder teilweise sogar negativ werden lassen. Aktuell befinden sich die Zentralbanken (EZB und Federal Reserve) gerade erst in der Mitte ihres Zinssteigerungszyklus und der Bilanzabbau der Federal Reserve hat gerade erst die Maximalgeschwindigkeit von USD 95 Mrd. pro Monat erreicht. Daher gibt es kurzfristig keinen Grund, von dieser vorsichtigen Positionierung Abstand zu nehmen. Mit fortschreitenden Zinsanhebungen könnten aber die Renditen – insbesondere von kürzerlaufenden Anleihen –attraktiv werden und die Risiken gegenüber den Chancen deutlich in den Hintergrund treten. Dieser Zeitpunkt könnte im vierten Quartal 2022 oder Anfang 2023 erreicht werden. In dem Fall könnten wir unsere Durationsstrategie anpassen und zunächst auf Sicherungsgeschäfte verzichten. Interessant könnten dann Investitionen in kurzlaufende US-Staatsanleihen werden. Da wir einen deutlichen Rückgang der US-Inflation (unter 4 %) in der zweiten Jahreshälfte 2023 erwarten, wären die Renditen für zwei- bis dreijährige Treasuries ab über 4 % aus unserer Sicht attraktiv.

Was ist Ihre Einschätzung bezüglich einer globalen Rezession? Wie wird sich Ihrer Meinung nach Europa, insbesondere Deutschland, vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise entwickeln?

Die Weltwirtschaft wurde in diesem Jahr von zwei großen Schocks auf der Angebots- und Nachfrageseite getroffen: der Krieg in der Ukraine und der Ausbruch von Covid-19 in China. Beides verursachte ein stagflationsähnliches Szenario mit hoher Inflation und einem deutlich langsameren Wirtschaftswachstum. Im zweiten Quartal diesen Jahres beschlossen die Zentralbanken weltweit, dass eine erheblich straffere Geldpolitik erforderlich sei, um die Inflation und die Inflationserwartungen zu senken und beschleunigten die Straffung. In einem Umfeld aus hoher Inflation, verlangsamten Wachstums und einer deutlich restriktiveren Geldpolitik haben die Risiken einer Rezession erheblich zugenommen.

Wir beobachten derzeit eine signifikante, synchronisierte Konjunkturabschwächung, wobei Umfragen und Frühindikatoren bereits auf eine Schrumpfung der Wirtschaftstätigkeit hindeuten. Die drei größten Wirtschaftsblöcke könnten in den nächsten sechs bis neun Monaten durchaus in eine Rezession eintreten, aber das Wachstumspotenzial, die Inflationsdynamik und der Auslöser ihrer Rezessionen sind sehr unterschiedlich. Die US-Wirtschaft ist dank eines starken Arbeitsmarktes und gesunder Verbraucherausgaben widerstandsfähig, aber eine Rezession könnte durch die übermäßige Straffung der Geldpolitik durch die Fed verursacht werden. Chinas Wirtschaft verlangsamt sich schon seit einiger Zeit, und trotz politischer Unterstützung könnten die Null-Covid-Politik und die tiefe Krise des Immobiliensektors eine Rezession auslösen.

Die europäische Wirtschaft hat sich nie wirklich von der durch die Pandemie ausgelösten Rezession erholt und wird von einer historisch hohen Inflation, einer tiefen Energiekrise und einem starken Rückgang des persönlichen Realeinkommens geplagt. Europa und insbesondere Deutschland, das in hohem Maße von russischer Energie abhängig ist, wurden von den Folgen des Krieges in der Ukraine und den darauffolgenden Sanktionen und Handelsverwerfungen hart getroffen. Der deutsche Industriesektor leidet unter Lieferengpässen und einer schwachen Binnen- und Weltnachfrage. Trotz eines gesunden Arbeitsmarktes ist das Lohnwachstum gedämpft und das Verbrauchervertrauen ist aufgrund der schwindenden Kaufkraft der Haushalte auf einem historischen Tiefstand. Die EZB hat im Juli begonnen, ihre Politik zu straffen. Sie ist entschlossen, diesen Weg fortzusetzen, um die Inflation wieder auf das Zielniveau zu bringen. Die Finanzpolitik wird immer expansiver. Mehrere europäische Länder leisten zusätzliche Hilfsmaßnahmen, um die negativen Auswirkungen der Stagflation abzumildern, doch nach dem Sommerloch scheint eine europäische Rezession fast unvermeidlich.

Wie stehen Sie angesichts der jüngsten EUR/USD-Parität zum USD/EUR-Wechselkurs? Erwarten Sie eine weitere Abwertung des EUR?

Der USD war 2022 die stärkste G10-Währung und wertete gegenüber dem Euro im Jahresvergleich um etwa 14 % auf. Diese Aufwertung kommt zu einem Anstieg von 8 % hinzu, den der USD bereits im Jahr 2020 gegenüber der europäischen Währung zulegte.
Für die allgemeine Stärke des Greenback gibt es mehrere Gründe. Trotz einer gewissen Trägheit in der ersten Jahreshälfte 2022 scheint die US-Wirtschaft mit einem starken Arbeitsmarkt, gesunden Lohnerhöhungen und soliden Verbraucher- und Unternehmensausgaben der hohen Inflation und der restriktiveren Politik standzuhalten. In den kommenden Quartalen wird das US-Wirtschaftswachstum wahrscheinlich das der Eurozone und Chinas übertreffen. In den vergangenen 18 Monaten profitierte der USD auch von seinem Status als sicherer Hafen, der in Zeiten globaler Krisen internationale Kapitalströme anzieht, und er profitierte von einem "Stagflationsbonus", der sich aus der hohen Inflation und dem schwächeren globalen Wachstum ergab.

Die Stärke des USD gegenüber dem Euro wurde durch die Schwächen der Wirtschaft der Eurozone und die Divergenz zwischen der Politik der Fed und der EZB noch verstärkt. Die Wirtschaft der Eurozone wurde von den Folgen des Konflikts in der Ukraine und den darauffolgenden Sanktionen hart getroffen, die zu einem starken Anstieg der Energiepreise und einem Inflationsschub führten, der das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen stark einschränkte. Während die US-Notenbank ihren Leitzins seit März um 250 Basispunkte angehoben hat, wurde der Prozess der Anpassung der geldpolitischen Maßnahmen der EZB durch eine schwächelnde Wirtschaft, der Fragmentierung der Märkte (Ausweitung der Spreads bei den Staatsanleihen innerhalb der Eurozone) und politische Spannungen verzögert. Im Sommer, als die Inflation ein Rekordhoch erreichte, änderte die EZB ihren Ton und wurde deutlich aggressiver, um die Inflation zu senken und die Inflationserwartungen zu kontrollieren.

Trotz der restriktiveren Haltung der EZB und der starken Aufwertung des USD im Jahr 2022 gehen wir davon aus, dass der USD gegenüber dem Euro stark bleiben wird und es Potenzial für eine weitere Aufwertung gibt. Das Szenario eines sich abschwächenden globalen Wachstums und hoher Unsicherheit begünstigt den USD, der auch weiterhin von einer aggressiven Fed und einer widerstandsfähigen US-Wirtschaft profitiert. Die von der Energiekrise und nachlassendem Vertrauen geplagte Wirtschaft der Eurozone wird in den kommenden Quartalen wahrscheinlich in eine Rezession geraten. Angesichts hoher Staatsschulden und ausgeprägter regionaler Divergenzen bleibt die Straffung der Geldpolitik der EZB ein sehr schwieriger Prozess. Eine straffere EZB-Politik könnte dem angeschlagenen Euro kurzfristig etwas Erleichterung verschaffen. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass dadurch die zugrundliegenden Muster der Euro-Schwäche geändert werden.

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