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Sie fragen, wir antworten

In unserer neuesten Ausgabe von GanzKonkret erörtern unsere Portfoliomanager die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie nach dem Lockdown. Sie betrachten mögliche Auswirkungen der Spannungen zwischen den USA und China auf die bereits geschwächte Wirtschaft sowie die expansive Geldpolitik (QE) der Fed und der EZB. Außerdem gehen sie auf die Positionierung des Ethna-AKTIV ein und erläutern, in welchen Bereichen sie Möglichkeiten zur Performance-Generierung sehen und stellen die Devisenstrategie des Fonds für die nächsten Monate vor.
Abschließend erklären unsere Portfoliomanager in welchen Aktien und Sektoren sie für den Ethna-DYNAMISCH die meisten Chancen sehen.

Die erste Phase der Covid-19-Pandemie ist in vielen Teilen der Welt vorüber (die erste Ausbreitung des Virus und die daraufhin notwendigen Präventivmaßnahmen, wie z.B. Lockdowns) und wir gehen nun in die zweite Phase. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen werden die wichtigsten Industrieländer zwei bis drei Monate nach dem Lockdown Ihrer Meinung nach verspüren?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass derartige Schätzungen – auch ohne einen globalen Lockdown – aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den zahlreichen Einflussfaktoren mit Unsicherheit verbunden sind und nur unter Vorbehalt abgegeben werden können. Deshalb verzichten wir bewusst auf zu enge Bandbreiten in unserer Erwartungshaltung. Wir gehen davon aus, dass an der Wiederaufnahme aller wirtschaftlichen Aktivitäten weltweit kein Weg vorbeiführt und dies auch schneller geschehen wird, als es noch vor wenigen Wochen denkbar war. Jedoch warnen wir auch vor zu großer Euphorie, da die Wachstumszahlen so schnell nicht wieder das Vorkrisenniveau erreichen werden. Aus unserer Sicht ist es ein Irrglaube davon auszugehen, dass nach einem derartigen Schock innerhalb weniger Monate oder auch Quartale die getätigten Entlassungen rückgängig gemacht werden, Unternehmen ihre Investitionen wieder in gewohntem Maße tätigen und der Konsument sorgenfrei das Shoppen fortsetzt. Wir denken, dass dies ein eher langfristiger Prozess sein wird. Die monetären und fiskalpolitischen Maßnahmen werden nicht das Solvenzproblem einer Vielzahl von betroffenen Unternehmen lösen können. Dementsprechend erwarten wir im Laufe der nächsten Monate einen starken Anstieg bei Firmeninsolvenzen und einen Konsumenten, dessen Spar- und nicht Konsumquote steigt. Entsprechend sind unsere Ethna Funds so positioniert, dass wir die sich bietenden Chancen wahrnehmen, aber stets die Risiken im Auge behalten.

Halten Sie es für wahrscheinlich, dass die derzeitigen Spannungen zwischen den USA und China eskalieren werden? Wie würde sich dies auf die ohnehin schon geschwächte Weltwirtschaft auswirken?

Wir stehen nach wie vor zu der Aussage, dass uns dieser Konflikt die nächsten Jahre begleiten wird. Phasen der Eskalation zwischen den beiden wirtschaftlichen Supermächten – wie wir sie aktuell erleben – wird es immer wieder geben. Vor dem Hintergrund des anstehenden US-amerikanischen Wahlkampfes ist eher von mehr Spannungen auszugehen als weniger. Für beide politischen Lager der USA ist die Volksrepublik China ein willkommenes Feindbild, was sich gut eignet, um von innenpolitischen Problemen oder herausfordernden Agenden abzulenken. Während die damit verbundene schleichende Deglobalisierung bereits reale Formen annimmt, führt jedes weitere Anheizen des Konflikts kurzfristig zu mehr Volatilität an den Märkten und ist langfristig zum Nachteil für das globale Wachstum. Eindeutiger Verlierer ist aus unsere Sicht auch zukünftig der europäische Wirtschaftsraum, der quasi zwischen die Fronten gerät. Für die regionale Asset Allokation der Ethna Funds bedeutet dies, dass wir auch perspektivisch US-amerikanische Assets weiterhin höher gewichten werden.

Sowohl die Fed als auch die EZB haben ihre expansive Geldpolitik (QE) nochmal deutlich ausgeweitet. Welche Auswirkungen hat dies auf die Anleihenmärkte? Wie würden Sie das aktuelle Risiko-/Rendite-Verhältnis für Anleihen einschätzen?

Um die Auswirkungen des Coronavirus sowie der Maßnahmen zu dessen Eindämmung auf die Weltwirtschaft abzufedern, haben die Zentralbanken - insbesondere die EZB und die Federal Reserve - nach und nach eine Reihe von Maßnahmen ergriffen.
Durch ihre bereits existierenden Ankaufprogramme, wie z.B. das Kaufprogramm für den Unternehmenssektor (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP), kauft die EZB derzeit Anleihen im Volumen von 40 Milliarden Euro pro Monat. Ende März setzte sie ein neues Programm auf, das Pandemie-Notkaufprogramm (PEPP), mit dem sie zusätzlich Anleihen in Höhe von 100 Milliarden Euro pro Monat erwirbt. Zusammen genommen belaufen sich die Käufe der EZB also auf 140 Milliarden Euro pro Monat. Davon entfallen 100 Milliarden Euro auf Staatsanleihen, 20 Milliarden Euro auf Unternehmensanleihen und circa 20 Milliarden Euro auf restliche Ankäufe.

Die Fed hingegen hat ihre Tätigkeiten auf US-Staatsanleihen konzentriert und seit Mitte März mehr als 1,5 Billionen USD dieser Anleihen gekauft. Dies ist ein beachtlicher Betrag, wenn man bedenkt, dass sich die ausstehenden Bundesschulden derzeit auf rund 18 Billionen USD belaufen¹. Die Fed hat zudem zwei neue Programme aufgesetzt - die Primärmarkt-Fazilität für Unternehmensanleihen (PMCCF) und die Sekundärmarkt-Fazilität für Unternehmensanleihen (SMCCF). Mit einem Gesamtvolumen von 750 Milliarden USD sind diese Programme auf den Kauf von Unternehmensanleihen am Primär- und Sekundärmarkt fokussiert, wobei Letzteres seit dem 12. Mai Unternehmensanleihen indirekt über ETFs kauft.

Ziel der Ankaufprogramme sowohl der EZB als auch der Fed ist es, die Refinanzierungskosten für Regierungen und Unternehmen auf einem deutlich niedrigen Niveau zu halten. Dabei waren sie beide erfolgreich. Die Senkung der Fed Funds Rate durch die US-Zentralbank in Verbindung mit ihren Anleihenkäufen hat bereits zu rekordverdächtig niedrigen Renditen für US-Treasuries geführt, wobei die Renditen für 10-jährige Treasuries bei etwa 0,5 % liegen. Infolgedessen ist die Refinanzierung des riesigen US-Haushaltsdefizits kostengünstiger geworden. EUR- oder US-denominierte Unternehmen mit einem A-Rating oder höher konnten sich schnell zu (fast) rekordtiefen Renditen refinanzieren. Für die Mehrheit der schwächeren Unternehmen (BBB-Rating oder niedriger) – und darunter insbesondere diejenigen, die stark von den Covid-19-bedingten Lockdowns betroffen sind – ist die Refinanzierung jedoch immer noch teurer als zu Jahresbeginn. Dennoch sind wir optimistisch, dass weitere Zentralbankkäufe und zusätzliche Lockerungen auch für sie die Refinanzierungskosten senken werden. Die Unternehmen, die Emissionen begeben konnten, haben die letzten zwei Monate genutzt, um sich in erheblichem Umfang auf den Kapitalmärkten zu refinanzieren, ihre Liquidität weiter zu erhöhen, Kreditlinien der Banken zurückzuzahlen und kurzfristige Commercial Papers zurückzunehmen.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das Universum der Unternehmensanleihen Investitionsmöglichkeiten für verschiedenste Investoren bietet. Die Risikoprämien dieser Anleihen sind im Vergleich zu Staatsanleihen (US-Treasuries und deutsche Bundesanleihen) seit der Covid-19-Pandemie ebenfalls gestiegen. Daher bieten Unternehmensanleihen jetzt eine höhere Überrendite. Für den Rest des Jahres gehen wir davon aus, dass Unternehmensanleihen durch die Couponzahlungen, dem „rolling down the yield curve“-Effekt und die Spread-Einengung eine positive Performance aufweisen werden. Gleichzeitig bieten sie ein begrenztes Risiko, da sie aufgrund der anhaltenden Käufe durch die Zentralbank starke Unterstützung erhalten. Daher bieten Unternehmensanleihen unserer Ansicht nach ein überzeugendes Risiko/Ertrags-Verhältnis, weshalb sie auch in den kommenden Monaten den Kern des Ethna-DEFENSIV-Portfolios bilden werden. Unternehmensleihen werden aufgrund der Zinszahlungen als auch durch die Kapitalgewinne eine attraktive Performancequelle für den Ethna-DEFENSIV sein. Generell ziehen wir sehr liquide Unternehmensanleihen vor. Für uns rechtfertigt ein leichter Renditevorteil nicht die Umschichtung in weniger liquide Titel. Wenn wir uns von einer weniger liquiden Anleihe trennten, müssten wir einen teils deutlichen Abschlag in Kauf nehmen. Durch die aktuellen Käufe der Zentralbank hat sich jedoch das Volumen liquider Unternehmensanleihen am Markt deutlich erhöht, sodass wir uns mit diesen Titeln weiterhin sehr wohl fühlen.

¹ www.sifma.org

Dank seiner defensiven Positionierung konnte der Ethna-AKTIV eine stabile Performance und geringe Volatilität verzeichnen. Was würde Sie zu einem Strategiewechsel veranlassen? Wo sehen Sie in den kommenden Monaten die größten Performancechanen?

Von einem Strategiewechsel zu sprechen ist nicht ganz zutreffend. An der grundsätzlichen Philosophie des ausgewogenen Mischfonds Ethna-AKTIV mit besonderem Fokus auf Kapitalerhalt und attraktiven risiko-adjustierten Renditen hat sich auch während dieser Krise nichts geändert.
Der Ethna-AKTIV weist derzeit eher eine defensivere Positionierung auf. Die Frage nach einem Wechsel hin zu einem offensiveren Portfolioaufbau stellt sich uns derzeit nicht. Denn ein defensiveres Portfolio – wie aktuell – bedeutet nicht zwangsläufig, es würden keine Chancen ergriffen. In der aktuellen Lage bedeutet das lediglich, dass wir die Chancen zurzeit nicht unbedingt in der offensivsten Assetklasse, den Aktien, suchen. Unser aktiver und flexibler Managementansatz ermöglicht es uns, die Fondsmittel entsprechend des Chance/Risiko-Verhältnis in die aus unserer Sicht attraktivsten Assetklassen zu allokieren. Vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Krise noch nicht durchgestanden ist und wir gerade eine Rezession durchleben, ist unserer Meinung nach das Chance/Risiko-Verhältnis bei Unternehmensanleihen, Fremdwährungen und Gold aktuell am attraktivsten. Wir denken, dass die rasante Erholung der Aktienkurse im Verlauf der letzten Wochen auf tönernen Füßen steht und nicht nachhaltig ist. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Monaten attraktivere Einstiegslevel realisierbar sind. Deshalb hat der Ethna-AKTIV derzeit auch nur eine unterdurchschnittliche Aktienquote, die bei ca. 20% liegt.

Wie sieht die Strategie des Ethna-AKTIV für die nächsten Monate im Fremdwährungsbereich (FX) aus? Welche Meinung haben Sie zum USD?

Die Fremdwährungspositionen im US-Dollar und Schweizer Franken haben bislang positiv zur Jahresperformance beigetragen. Die anhaltende Stärke beider Währungen trotz massiver Interventionen der Schweizer Nationalbank auf der einen Seite und der ultra-lockeren Geldpolitik der US-Federal Reserve auf der anderen Seite bestärken uns in der These weiter steigender Notierungen. Beide Währungen profitieren natürlich auch von einer gewissen Schwäche des Euro, die eine Reaktion auf relativ betrachtet geringere Wachstumsprognosen und viel mehr noch der Nichtexistenz einer funktionierenden Fiskalunion ist. Aus unserer Sicht ist das in der letzten Maiwoche vorgeschlagene Konjunkturpaket der EU zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch ist weder klar, ob es überhaupt die erforderliche Zustimmung findet, noch behebt es langfristig die der Währungsunion inhärenten Konstruktionsfehler. Kurzfristig bedeutet dies eventuell etwas Gegenwind für unsere Position im Ethna-AKTIV, weshalb wir diese im Vorfeld des EU-Vorschlages auch verkleinert haben. Langfristig erwarten wir weiterhin sowohl einen starken Schweizer Franken als auch einen sich verteuernden US-Dollar, dessen Knappheit durch die Maßnahmen der Notenbank noch nicht maßgeblich reduziert worden ist.

Gibt es angesichts der globalen Pandemie derzeit bestimmte Arten von Aktien, die Sie am attraktivsten finden, oder Branchen, in die Sie im Moment lieber nicht investieren möchten? Für welche Branchen sehen Sie in den nächsten sechs Monaten die größten Chancen? Gibt es Marktsegmente, die Ihrer Meinung nach von der Pandemie profitieren werden? Wenn ja, welche sind diese?

Wie zu jedem anderen Zeitpunkt, muss man für ein Aktieninvestment auch im aktuellen Umfeld beide Seiten der Medaille beleuchten: Auf der einen Seite stehen die unternehmerische und die bilanzielle Qualität sowie die künftigen Wachstumschancen. Die Gegenseite bildet die Bewertung – was muss ich für ein bestimmtes Unternehmen oder eine Branche bezahlen?

Angesichts der immensen ökonomischen Unsicherheiten, die aus der Bekämpfung der Pandemie entstanden sind, ist das Ausschlussprinzip im ersten Schritt am hilfreichsten. Unternehmen, die bereits vor der Krise bilanziell angeschlagen waren oder unter strukturellem Gegenwind litten, haben es nun ungleich schwerer. Solche Aktien meiden wir im Ethna-DYNAMISCH. Was einzelne Industriebereiche angeht, so bündeln sich nahezu alle gegenwärtigen Probleme im Bankensektor. Auch hier sind wir weiterhin äußerst zurückhaltend. In diesem Fall steht die ohnehin schwierige Bewertung zunächst im Hintergrund.

Die operative Gewinnerseite der Krise ist dagegen größer, als es auf den ersten Blick erscheint. So hat die Digitalisierung in allen Bereichen des geschäftlichen und gesellschaftlichen Lebens einen riesigen Schub erhalten. Auch Onlinehandel und Zahlungsdienstleister boomen, wovon auch angrenzende Industriezweige profitieren. Andere, ohnehin schon unternehmerisch attraktive Sektoren, wie der Gesundheitsbereich, können als Begleiterscheinung von Covid-19 deutlich mehr als nur einen Imagegewinn verzeichnen. Bei allen offensichtlichen Krisengewinnern muss man mittlerweile jedoch sehr stark auf erhöhte Bewertungen achten, welche insbesondere auf Sicht der nächsten Monate das Aufwärtspotenzial deutlich begrenzen dürfte. Darüber hinaus sind die Investoren diesbezüglich sehr einseitig positioniert, was kurzfristig zusätzliche Gefahren für sie birgt. Über die vergangenen Wochen haben wir entsprechende Positionen im Ethna-DYNAMISCH daher taktisch reduziert, wenngleich wir über eine längere Frist gesehen gerade hier weiterhin die attraktivsten Geschäftsmodelle vorfinden.

Nicht unerwähnt bleiben sollen an dieser Stelle Unternehmen, die weder als unmittelbare Gewinner noch als Verlierer der Pandemie bezeichnet werden können. Darunter fallen beispielsweise Telekommunikationsunternehmen, Versorger oder nichtzyklische Konsumartikelproduzenten. In Stresssituationen am Kapitalmarkt haben sich die Aktien solcher Unternehmen jüngst wieder bewehrt. Doch nach vorne blickend erwarten wir insbesondere bei Versorgern und Telekomunternehmen kein großes Potenzial nach oben. Investiert sind wir im Ethna-DYNAMISCH dagegen weiterhin in ausgewählte Marktführer im Konsumbereich.

Zu guter Letzt bleibt die goldene Mitte, wo auf Sicht der nächsten Monate wahrscheinlich die größten Chancen liegen. „Unter den Verlierern die besten finden“, so hat es ein Kollege jüngst treffend formuliert. Beispiele hierfür sind starke Marktführer in angeschlagenen Branchen wie Touristik oder Einzelhandel. Zwar werden diese vorerst mit weiterhin schwierigen Umständen zu kämpfen haben. Doch am Ende sollten sie gestärkt aus der Krise hervorgehen, was sich früher oder später auch in den Aktienkursen widerspiegeln dürfte. Mit diesen Werten kann man aktuell attraktive Akzente im Aktienportfolio setzen.