Pressemitteilung
Renditen auf US-Treasuries könnten sich halbieren
Munsbach, 04. September 2019 – Seit Beginn des Jahres sind die Renditen auf US-Treasuries gefallen. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Wochen verschärft und beschleunigt und wirft die Frage auf: Wie tief kann das Renditeniveau der US-Staatspapiere sinken?
„Es sprechen mehrere Faktoren dafür, dass die Rendite auf zehnjährige Treasuries in den nächsten sechs bis neun Monaten auf 0,7 Prozent sinken könnte“, sagt Niels Slikker, Senior Portfolio Manager bei Ethenea. Viele Erklärungen und Gründe seien diskutiert worden, warum die Renditen von Staatsanleihen in den USA zuletzt so gesunken wären – von geringeren Inflationserwartungen, über Demografiefaktoren und den Handelsstreit bis hin zu Konjunktursorgen und Rezessionsängsten. „Dabei haben die niedrigeren Inflationserwartungen auf jeden Fall eine Rolle gespielt, erzählen aber nur einen Teil der Geschichte. Denn die Safe-Haven-Käufe von US-Treasuries sprechen eine klare Sprache: Die Finanzmärkte glauben nicht mehr, dass eine Lösung des Handelsstreits zwischen den USA und China bevorsteht.“
Widerspruch in sich
Die anderen Faktoren, wie die demografische Entwicklung, das geringere globale Wachstum oder die Geldpolitik der Zentralbanken, hätten alle dazu beigetragen, dass es immer mehr Anleihen mit negativer Rendite gebe. „Laut dem Bloomberg Barclays Global Aggregate Negative Yielding Debt Index gibt es nun Anleihen mit einem Marktwert von mehr als 16,6 Billionen US-Dollar, die mit negativen Renditen gehandelt werden“, sagt Slikker. „Die ersten Anleihen mit negativen Kupons existieren bereits, was den Namen "Fixed Income" für diese Anleihen zu einem Widerspruch in sich macht.“ Da globale Investoren auf der Suche nach positiver Rendite seien, gebe es nicht mehr viele Anleihemärkte, in die sie noch investieren könnten. „Der US-Anleihenmarkt ist einer dieser Märkte, da er groß und liquide genug ist und immer noch positiv rentiert.“
Japanische und europäische Investoren hätten bislang auf Treasuries und in US-Dollar denominierte Investment Grade Anleihen gesetzt und sich gegen das Währungsrisiko abgesichert. „Bei den aktuellen Renditeniveaus verliert dieser Ansatz seinen Sinn, da Hedging-Kosten zu hoch sind und zu negativen Renditen in der konvertierten Währung führen“, erklärt Slikker. „Viele ausländische Investoren kaufen Dollar-Anleihen daher inzwischen ohne Absicherung. Solange die Möglichkeiten an ihren inländischen Rentenmärkten weiter abnehmen, dürften diese ausländischen Investoren ihre Allokation in Treasuries und Investment Grade Anleihen weiter erhöhen.“
Nominal und real
Alle diese Faktoren beeinflussten die Renditen der US-Staatsanleihen. „Wenn wir von einem Rezessionsszenario für die US-Wirtschaft ausgehen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Fed die Leitzinsen auf null Prozent senken wird“, sagt der Experte. „Damit ist auch eine zehnjährige US-Staatsanleihe mit einer nominalen Rendite von null Prozent möglich.“
Gehe man von einem Szenario für die US-Wirtschaft mit einem zwar langsameren aber immer noch positiven Wirtschaftswachstum aus, sei mit einer realen Rendite von unter null Prozent für zehnjährige Treasuries zu rechnen. „Die reale Rendite für zehnjährige inflationsgebundene deutsche Staatsanleihen liegt derzeit bei etwa -1,5 Prozent“, sagt Slikker. „Sollten die USA das gleiche reale Renditeniveau erreichen, und wir würden die deutschen Repo-Kosten berücksichtigen und von einer langfristigen Inflationserwartung von circa zwei Prozent in den USA ausgehen, dann würde die nominale Rendite für die Treasuries zwischen 80 und 100 Basispunkten liegen – im positiven Bereich.“
Als Safe-Haven-Anlage wäre Gold eine Alternative zu US-Treasuries, da kein Gegenparteirisiko besteht und Gold liquide ist. „Wenn wir als Beispiel den SPDR Gold Shares ETF nehmen, gilt es eine Kostenquote von 40 Basispunkten zu berücksichtigen. Da Gold in US-Dollar gehandelt wird und keine Kuponeinnahmen erzielt, anders als aktuelle Staatsanleihen, wäre die entsprechende US-Anleihe um 40 Basispunkte niedriger“, erklärt Slikker. „Wenn wir von einer realen Nullrendite für Gold ausgehen (was -40bps entspricht) und den Inflation Break Even für 10-jährige Staatsanleihen von etwa 1,52 Prozent addieren, läge die entsprechende nominale Treasury-Rendite bei 1,12 Prozent. Dies kann als weiterer Preisindikator dienen.
Aktuell liegt die Treasury-Rendite bei 1,49 Prozent. Innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate ist es durchaus möglich, dass wir eine Bewegung auf 0,7 Prozent, etwa auf halbem Weg zwischen 0 und 1,12 Prozent, sehen werden.“
Faktoren außerhalb der USA
Für dieses Szenario sei die Stärke des US-Dollars ein Schlüsselfaktor. „Sollte sich der Dollar deutlich abschwächen, werden ausländische Investoren wahrscheinlich auf Investitionen ohne Währungsabsicherung verzichten“, erklärt der Experte. In diesem Fall sei es für japanische und europäische Investoren sinnvoller, in europäische Investment Grade Anleihen zu investieren. Da Präsident Trump wiederholt deutlich mache, dass er einen schwächeren US-Dollar will, ist dies ein Risiko, das nicht auszuschließen ist.
Auch ein unerwarteter Anstieg der US-Inflation könnte die Entwicklung beeinflussen. Lohnwachstum und Strafzölle auf chinesische Importgüter hätten sich zwar nicht direkt auf die Preise niedergeschlagen, aber dies könnte sich ändern.
„Alles in allem sieht es so aus, als ob die zukünftige Entwicklung der Renditen von US-Treasuries derzeit hauptsächlich von Faktoren außerhalb der USA bestimmt wird“, erklärt Slikker. „Wenn sich diese Faktoren nicht ändern, ist es wahrscheinlich, dass die Renditen auf 10-jährige US-Staatspapiere weiter sinken – und das deutlich.“
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